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Dienstag, 20. Mai 2025

Abgeschleppt

Es ist endlich passiert.
Nach all den Jahren.
Nach unzähligen durchtrainierten Morgen, nach so vielen Sekunden dezentem Blickkontakt an Ampeln, Haltestellen und Hotelfrühstücksbuffets. Nach einer Ära stiller Sehnsucht und testosteronschwangerer U-Bahn-Fahrten wurde ich endlich abgeschleppt.

Ich weiß, was ihr jetzt denkt:
„Wow, der Typ hat’s geschafft. Ein attraktiver Mann, offensichtlich erfolgreich, körperlich ein Manifest göttlicher Gentechnik, wahrscheinlich ein Philosoph mit Waschbrettbauch – und dann auch noch abgeschleppt? Gibt es überhaupt noch Hoffnung für uns Normalsterbliche?“

Die Antwort ist:
Nein.

Denn was mir passiert ist, übertrifft selbst eure wildesten Fantasien. Ich wurde nicht einfach nur angeschaut. Nicht einfach nur angelächelt. Nicht einfach nur nach Feuer gefragt.
Nein, ich wurde angefasst.

Von zwei uniformierten Männern.
Mit Handschuhen.
Sie wirkten entschlossen, fast schon ehrfürchtig. Als hätten sie auf diesen Moment lange hingearbeitet.
Und ich gebe zu: Ich war bereit.

Bereit, in eine neue Welt getragen zu werden.
Bereit, mich fallen zu lassen.
Bereit, mich ihnen ganz hinzugeben.

Und dann ...
… dann kam der Abschleppwagen.

Es stellte sich heraus, dass ich nicht als Mensch abgeschleppt wurde, sondern mein Auto.
Aber hey – in dieser Gesellschaft ist das manchmal dasselbe.

Das Vergehen: Ich hatte im mobilen Halteverbot geparkt.
Die Realität: Es war nichts da, als ich parkte. Keine Schilder. Kein Hinweis. Kein „Bitte nicht sexy stehen bleiben“.
Die Wahrheit: Die Schilder wurden nachträglich aufgestellt, vermutlich während meiner Mittagspause – eine heimtückische Aktion, ausgeführt mit der chirurgischen Präzision eines Phantomkommandos des Ordnungsamtes. Wahrscheinlich mit Nachtsichtgerät und Tarnanzug.

Und während mein Auto aufgeladen wurde wie ein betrunkener Influencer am Ballermann, stand ich daneben – muskulös, machtlos, minimal bekleidet – und fragte mich:
Werde ich jetzt auch abgeschleppt?

Die Antwort kam schnell.
„Nein“, sagte der Polizist, „aber Sie müssen trotzdem 165 Euro zahlen.“

Ein fairer Preis für einen kurzen Moment der Illusion.
Der Illusion, dass ich begehrt wurde.
Dass jemand kam, um mich mitzunehmen.
Dass meine Erscheinung Spuren hinterlässt – sogar auf amtlichem Protokoll.

Seitdem bin ich vorsichtiger geworden.
Nicht, was das Parken angeht – ich bin doch kein Feigling.
Aber mit meinen Gefühlen. Mit meinen Hoffnungen. Mit der Vorstellung, dass Romantik auch dort gedeiht, wo Staatsgewalt ihre Krallen ausfährt.

Denn in Wahrheit sind wir alle nur kleine, unbeachtete Fahrzeuge im Spiel des Lebens, die irgendwann mal falsch abbiegen, zu lange stehen bleiben oder schlicht zur falschen Zeit am richtigen Ort sind.

Und wenn es dann passiert – wenn der Haken kommt und dich mitreißt – dann weißt du:
Du wurdest abgeschlept.

Freitag, 4. April 2025

Mission TÜV: Der rostige Gott

Sie kamen in der dritten Morgendämmerung.
Mit blinkenden Westen, Klemmbrettern aus Stahl und Augen, so kalt wie synthetisches Motoröl.

Der TÜV.

Offiziell hieß es: Technischer Überwachungsverein.
Doch in Wahrheit war es ein interdimensionaler Inquisitionsorden, dessen Aufgabe es war, schwache Fahrzeuge aus der Realität zu tilgen.
Und mein treues Gefährt – ein irdischer Blechpanzer mit leichtem Rostbefall und einem Geruch irgendwo zwischen nasser Hundedecke und apokalyptischem Zigarettenrest – war ihr nächstes Ziel.

Ich hatte den Fehler gemacht, zum Prüfzentrum Omega-K42 zu fahren – einer Station, die angeblich noch von Menschen betrieben wird, aber ich schwöre: Die haben dort schon lange künstliche Lebensformen durch selbstzweifelnde Roboter ersetzt.

Der Prüfer sprach in Zahlen.
Er murmelte von „Nichtfreigängigkeit“, „Strukturversagen im Radkastenbereich“ und „kompletter Erosion der Auspuffintegrität“.
Ich verstand nichts.
Ich hatte Pilze genommen.
Oder vielleicht waren es nur diese billigen Lakritze vom Tankstellensnackregal – ich war mir nicht sicher.

„Die linke Hinterradaufhängung ist kurz davor, sich in eine Singularität zu verwandeln“, erklärte mir der androide Technomagier mit ernster Miene. „Sie haben den TÜV nicht bestanden.“

Was dann folgte, war eine Reise durch die Schattenreiche der Automechanik.
Ich fuhr durch Dimensionsrisse aus Werkstattangeboten.
Ich sah Hallen voller ölverschmierter Schamanen, die mit Schraubenschlüsseln wie Kriegshämmern um sich schlugen.
Der Werkstattmeister trug ein Stirnband aus Bremsleitungen.
Sein Blick war leer.
Seine Hände waren schwarz vor Wahrheit.

„Es wird dich 990 Einheiten kosten“, sprach er schließlich.
„Aber dafür bringe ich deinen rostigen Freund zurück ins Leben. Für zwei weitere Sonnenzyklen.“

Ich übergab ihm das Geld.
Monopoly-Scheine aus meiner Kindheit.
Er akzeptierte.
Oder zumindest tat er so.

Was dann geschah, war eine sakrale Operation.
Die linke Hinterradaufhängung wurde entfernt wie ein bösartiger Tumor.
Der Auspuff, ein vom Rost zerfressener Drachenrüssel, wurde durch ein neues, glänzendes Titanrohr ersetzt – das in der Sonne glitzerte wie der Schlund eines frisch geölten Engels.

Die hinteren Bremsen wurden mit rituellen Tänzen entblockiert.
Man benutzte Feuer, Eis und eine Flasche WD-40.

Der Radkasten wurde befestigt. Mit Schrauben? Vielleicht.
Mit Liebe? Vermutlich nicht.
Mit schwarzer Magie? Höchstwahrscheinlich.

Am Ende – als die Sonne über der Werkstatthalle unterging und ich durch die dunstige Luft der verbrannten Kupplung in die Zukunft fuhr – hatte ich sie.
Die Plakette.
Den Stempel.
Das heilige Siegel.
Zwei Jahre Gnadenfrist, gesprochen vom mechanischen Gott des TÜV.

Ich war frei.
Oder zumindest auf Bewährung.

Viel Geld für ein bisschen Auto.
Noch mehr Geld für ein bisschen Hoffnung.

Aber so ist es eben, in dieser Welt zwischen den Welten.
Zwischen TÜV und Tod.
Zwischen Bremsstaub und Sternenstaub.

Denkt mal darüber nach.

Dienstag, 4. März 2025

Car-neval, die fünfte Jahreszeit

Jedes Jahr von Februar bis März feiern wir in Deutschland die fünfte Jahreszeit und die Menschen kommen zusammen um gemeinsam unvergessliche Erlebnisse zu sammeln. Ein Fest, fast so groß und unvergesslich wie Weihnachten. Wer hat nicht noch die wundervollen Bilder vor Augen von Menschen, die sich auf den Weihnachtsmärkten tummeln und fröhlich über die Straßen ihrer Stadt verteilen. 

Doch dieses Jahr ist es anders. Während sich die Menschen normalerweise nur halbtot saufen, sterben sie dieses Jahr immer wieder komplett. Der Grund: extremistische Gewalt. Mit einem Auto in Menschenmengen zu rasen scheint inzwischen zu einem Volkssport geworden zu sein. So gab es in den letzen Monaten nicht nur einen Anschlag, sondern gleich drei! Jeweils mit mehreren Toten. Das einzige erkennbare Muster sind die Orte, sie alle beginnen mit "M", ein Zufall?
Wohl kaum, wir können uns also in Städten deren Namen nicht mit einem "M" beginnen aktuell komplett sicher fühlen. Das versichere ich gerne bei meinem guten Namen.

Datum Opfer Ort Beschreibung
20. Dezember 2024 6 Tote, 299 Verletzte (davon 41 schwer) Magdeburg Ein 50-jähriger Mann fuhr mit einem BMW X3 auf den Weihnachtsmarkt und verletzte zahlreiche Personen.
13. Februar 2025 2 Tote, 39 Verletzte (davon 18 schwer) München Ein 24-jähriger Mann fuhr mit einem Mini Cooper in eine Demonstration der Gewerkschaft ver.di und verletzte zahlreiche Personen.
3. März 2025 2 Tote, 11 Verletzte (davon 5 schwer) Mannheim Ein 40-jähriger Mann steuerte einen Ford Fiesta in eine Karnevalsmenge und verursachte mehrere Verletzungen und Todesfälle.

Als Motiv scheinen hier oft persönliche Lebenskrisen der Täter der Auslöser gewesen zu sein. Eine Zugehörigkeit zu islamistischen Terrorgruppen besteht nicht. Die Menschen scheinen einfach nur extrem angefressen zu sein und schließlich den Wunsch zu verspüren sich gegenseitig zu töten.

Keine neue Entwicklung, schon immer hatten wir Deutschen einen Hang dazu uns gegenseitig zu schaden. So haben wir uns als Hexen bezeichnet und verbrannt. Wir haben in heiligen Kriegen anders denkende abgeschlachtet oder später die Juden vergast, einfach nur weil es noch kein Fernsehen gab und uns langweilig war. Wir haben uns auch als informelle Mitarbeiter bespitzelt oder unsere Kinder und Frauen nach herzenslust verprügelt.

Doch all dies ist heute nicht mehr möglich und politisch verpöhnt. Was bleibt uns also anderes übrig als mit dem guten alten Automobil in eine lachende, glückliche Menschenmenge zu brettern. Hauptsache Tot und Zerstörung, nur das kann unserem deutschen Verstand Linderung verschaffen.

Die gigantische Schuld, die ältere Generationen auf unsere Schultern geladen haben, lässt sich erst dann ertragen, wenn wir sie durch etwas noch viel Schrecklicheres überdecken. Alkohol schmeckt ja auch viel süßer, wenn wir ihn mit Zucker mischen. Beides nicht gesund, aber zusammen ist es erträglicher als einzeln.
Also rasen wir mit Autos in Menschenmengen. Für viele wäre das verrückt, doch wer nicht davon träumt mit Autos in Menschen zu fahren, hat wohl nie wirklich verstanden, was es heißt, ein Deutscher zu sein.

Denkt mal darüber nach.